Ihr habt meine Erlebnisse mit AIDA und diejenigen mit TUI gelesen. Die Frage, wer besser ist, dürfte rasch beantwortet sein. Ich wollte es aber ein bisschen genauer wissen und habe deshalb beide Reedereien anhand von 14 Kriterien aus meiner Sicht als Besatzungsmitglied bewertet:
- Verpflegung: Liebe geht bekanntlich durch den Magen. Bei TUI schmeckte nach kurzer Zeit alles irgendwie gleich, und um Getränke außerhalb der Crew-Messe musste man sich selbst kümmern. Bei AIDA war nicht nur das Essen genauso lecker wie dasjenige für die Gäste, sondern wir wurden auch mit Getränken versorgt.
- Essenkostenrückerstattung: Gab es bei TUI nicht. Wenn wir unterwegs aßen, mussten wir alles selbst bezahlen. Bei AIDA bekamen wir in Câmara de Lobos kostenlos leckere Sandwiches, und in Costa Teguise waren wir zu den riesigen Cesar-Burgern eingeladen. Bei Touren über fünf beziehungsweise sechs Stunden gab es eine Pauschale von 5 €.
- Privatsphäre: Bei TUI hatte man in den Single-Share-Kabinen einen Rückzugsraum, in dem man ungestört war. In den Doppelkabinen bei AIDA nur im Badezimmer.
- Kabinen: Dafür waren die Kabinen bei AIDA doppelt so groß, so dass kaum das Gefühl von Platzangst aufkam. Man musste auch das Bett nicht jeden Abend herunter- und am Morgen wieder hinaufklappen, so dass es lüften konnte. Die AIDA-Matratzen waren zwar wie diejenigen bei TUI nur 80 cm schmal, aber doppelt so dick und dadurch wesentlich besser.
- Saubermachen: Wurde bei AIDA vom Housekeeping erledigt. Bei TUI musste man sich selbst darum kümmern.
- Fahrräder: Bei AIDA mit Riemen, gefederten Sattelstützen, hochwertigen Lenkergriffen und ergonomischen Sätteln. Ach ja, und „Bike Clean“ gab es auch. Bei TUI nichts von alledem.
- Räderschieben: Hinausschieben war bei TUI besser, zurückschieben bei AIDA. Bei TUI gab es Helme, Rucksäcke & Co. erst am Morgen vor der Tour. Ironischerweise hatten dort Gäste immer wieder gefragt, ob die Ausgabe nicht am Vorabend möglich sei. War sie natürlich nicht😉 Dort mussten Rucksäcke und Helme immer in Gitterwagen zum Buchungsschalter gekarrt und nach der Ausgabe wieder in den Fahrradraum zurückgebracht werden.
- Arbeitszeiten: Bei TUI offiziell zehn Stunden am Tag (meistens weniger), bei AIDA acht (meistens mehr).
- Gehalt: Brutto mehr bei AIDA (1.700 €), netto mehr bei TUI (1.650 €). Aber nur, wenn man keinen steuerlichen Wohnsitz in Deutschland mehr hat. Sonst ist man verpflichtet, eine Einkommensteuererklärung abzugeben. Tut man das nicht, kann es eine böse Überraschung geben. Aber mal ehrlich: Auf einem Schiff arbeitet man nicht fürs Geld, sondern für das Erlebnis.
- Erkundungsfahrten: Bei TUI musste ich viele Touren, die ich nicht kannte, gleich beim ersten Mal mit Gästen fahren. Das war ausgesprochen stressig und unangenehm. Bei AIDA konnte ich die meisten Touren erst einmal als Schlussmann mitmachen oder erkunden und kennenlernen. Beim zweiten Mal, dann mit Gästen, war es wesentlich entspannter.
- Sicherheit: AIDA verlangte ein einwöchiges Sicherheitstraining und die italienische Aufstiegsuntersuchung und durchsuchte vor jedem Ablegen das gesamte Schiff systematisch. Zwar gab es mit den AIDA-Scuddies immer wieder Unfälle, aber die lagen (genau wie die meisten Radunfälle) an der Dummheit der Gäste. Die Anforderungen bei TUI waren weit weniger hoch, und dort wurden Gäste wider besseres Wissen auf lebensgefährliche Vehikel gestellt, nur damit TUI noch mehr abkassieren konnte (siehe „Der Scooter-Skandal“). AIDA hat verkehrsunsichere Fahrzeuge ausgemustert und ersetzt.
- Gesundheit/Umweltschutz: Die AIDAnova wird bekanntlich mit dem sauberen Flüssigerdgas betrieben. AIDAprima und AIDAperla haben zumindest Partikelfilter. Bei TUI nichts von alledem. Da lagen immer mal wieder hochtoxische Rußknollen auf den Sonnenliegen. Die Gäste sind ja nach einer, spätestens zwei Wochen wieder zu Hause. Aber der Gedanke, sechs Monate von einer Giftgaswolke umhüllt zu sein, hatte etwas Beunruhigendes. Zwar hat auch TUI zwei LNG-Schiffe geordert, aber die sollen erst 2024 und 2026 geliefert werden. Also sechs Jahre Rückstand auf AIDA.
- Internet: Bei TUI durften wir vom Büro-PC aus inoffiziell online gehen. Immerhin. Bei AIDA waren die PCs im Aufenthaltsraum online, und zusätzlich bekamen wir immer wieder Internet-Vouchers für unsere mobilen Endgeräte.
- Ausflüge: Bei TUI durfte ich „nur“ Radtouren machen. Bei AIDA durfte ich immer mal wieder auch auf Bustouren mitfahren. Das hat sich manchmal wie Urlaub angefühlt.
Eindeutig für TUI spricht eigentlich nur die Privatsphäre auf den Kabinen. Beim Räderschieben und bei der Arbeitszeit herrscht per Saldo Gleichstand. Beim Gehalt hat je nach der steuerlichen Situation die eine oder die andere Reederei die Nase vorn. Also einen Punkt für TUI, dreimal unentschieden, und zehn Punkte für AIDA😮 Ein so deutliches Ergebnis hatte selbst ich nicht erwartet. Aber AIDA ist nun mal das Original und TUI die Kopie.
Hätte ich allerdings TUI mit MSC verglichen, wäre vermutlich TUI der strahlende Sieger gewesen😉